Gestern war ein Tag, an dem ich mich wieder einmal auf die Spur von Menschen und ihren „Gnadengaben“ begeben habe. Dieses Mal bin ich bei Nicole Steinacher und ihrem „Kleinen Magischen Laden“ gelandet, in dem die vormalige Beraterin und Coachin, seit 5 Monaten Neo-Unternehmerin, als einzige Unternehmerin in ganz Österreich einen kognitiv beeinträchtigten Menschen in einer vollwertigen Anstellung beschäftigt.
Wir alle haben immer wieder Ängste
Auf meine Frage, wie sie mit den Ängsten zurechtkommt, die da unweigerlich aufsteigen, wenn man nach langen Jahren der Sicherheit durch Anstellung plötzlich ganz frei und mit allem persönlichen Risiko durch den Tag geht, antwortete sie Folgendes:
„Wenn ich merke, dass Angst aufsteigt, nehme ich mir einen Moment und gehe ganz bewusst auf diese Emotion zu. Ich nehme sie wahr und stelle ganz neutral fest, dass sie da ist. Dás gibt mir schon etwas Ruhe. Und dann frage ich mich, ob diese Angst tatsächlich aus einer realen Situation kommt oder ob sie eine Emotion aus der Vergangenheit ist oder ob sie überhaupt nur aus dem Zustand des Neuen, das heißt des Unbekannten kommt.“
Was Nicole hier beschreibt, hat die Psychologin Prof. Dr. Angelika C. Wagner in eine Methode der „mentalen Selbstregulation“ gekleidet, die sich „Introvision“ nennt. Das grundlegende Vorgehen der Introvision lässt sich stark vereinfacht als „dem Schlimmstmöglichen ins Auge sehen“ formulieren – um dadurch den Konflikt von seiner Wurzel her aufzulösen. Das Betrachten des „Schlimmen“ erfolgt dabei mit einer besonderen Form nicht-wertender Aufmerksamkeit, nämlich:
Konstatierendes Aufmerksames Wahrnehmen
Beim KAW handelt es sich um eine spezielle Form des Wahrnehmens:
- konstatierend (constater: feststellen, bemerken), im Sinne von: „Aha, so ist das…“
- aufmerksam und interessiert betrachtend
- weitgestellt, d.h. möglichst viele, im jeweiligen Moment mit den Sinnen wahrnehmbare Eindrücke aufnehmen
- mit konstantem Fokus, d.h. nicht abschweifend
- passiv wahrnehmend, d.h. ohne aktiv über eine Problemlösung nachdenkend
Durch diese Art von Wahrnehmung kehrt sofort eine merkliche Entspannung ein.
Das neutrale Wahrnehmen von Situationen hilft im Übrigens nicht nur bei der Reduktion von Stress, sondern ist auch eine Voraussetzung für innere Ruhe, für Souveränität und daher auch für die Entwicklung persönlichen Charismas.