Vor einigen Tagen zeigte sich eine bis dato als angstfreie Rebellin bekannte österreichische Regierungspolitikerin im TV-Interview als höchst unsouverän. Der Moderator drängte sie zu einer konkreten Aussage zu einem Thema, bei dem sie und ihre Partei noch vor knapp einem Jahr tatsächlich eine sehr konkrete Haltung hatten. Nun, da die Partei als kleinerer Partner in die Regierung geholt wurde, ist die Haltung schon nicht mehr so konkret und genau das wurde ihr zum Vorwurf gemacht.
Es war ein unwürdiges Schauspiel.
Aber die arme Frau ist hier nicht allein. Jedem von uns wird ab und zu vorgeworfen, eine Haltung oder ein Verhalten verändert zu haben. Sehr oft sind wir dann versucht, uns zu rechtfertigen und dem anderen weiß machen zu wollen, dass der Vorwurf nicht stimmt – was die Faktenlage jedoch klar widerlegt und es jeder sehen kann.
Die einzige Lösung
Solltest du in eine solche Situation kommen, denk immer daran: du hast (hoffe ich doch!) Gründe für dein Handeln. Du hast dich bewusst entschieden so zu handeln, weil sich Parameter verändert haben und das veränderte Handeln nur die Konsequenz daraus ist. Z.B., dass du jetzt mit jemandem arbeiten willst, der eine völlig andere Haltung in dem Thema hat und es nun wichtig ist, eine gemeinsame Lösung zu finden, anstatt durch einen Alleingang die Partnerschaft aufs Spiel zu setzen. Du hast also mit deinem Handeln Recht.
ABER:
Auch der andere hat mit seinem Vorwurf Recht. Denn dein Handeln und deine Haltung hat sich verändert.
Warum also solltest du ihm das nicht zugestehen? Was ist schlimm daran zu sagen: „Du hast Recht!“, „Sie haben Recht!“
Was du damit gewinnst? Ganz einfach: der Angriff des anderen ist sofort abgewehrt. Welche zivilisierte Angriffsmöglichkeit gibt es schon auf: „Ja, du hast recht!“? – Eben, gar keine.
Meine Antwort in besagtem Interview von Armin Wolf mit der Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, wäre daher folgende gewesen:
„Sie haben Recht, Herr Wolf.
Vor knapp einem Jahr hat das noch kämpferischer geklungen. Aber vor knapp einem Jahr hatten wir noch keine Verantwortung. Wir wollen diese Verantwortung übernehmen und deshalb haben wir lange mit der ÖVP verhandelt. Wenn wir jetzt nicht versuchen würden, MIT dem Koalitionspartner einen Weg zu finden, würden wir sowohl das Wahlergebnis als auch die lange Arbeit der Verhandlungen sofort zunichte machen. Wollen Sie das? Glauben Sie, dass irgendjemand das will – außer vielleicht Blau und Rot?
Ich glaube nicht.“
Und hätte sie dann wieder die Oberhand durch Souveränität errungen?
Ich glaube schon.
(In dieser kurzen Antwort sind übrigens einige andere rhetorische Stilmittel eingebunden. Erkennst du sie?)