Wenn die Einflussnahme über den Körper nicht ausreicht
Als ich gestern nach einer längeren Sommerpause wieder die Arbeit mit einer meiner Coachees aufnahm, fiel mir sofort auf, dass sie anders als sonst gehetzt und unruhig wirkte. Sie rutschte auf ihrem Platz hin und her, wechselte mehrfach die Sitz-Haltung und ihr Augenkontakt war weniger ruhig als sonst.
Ich kommunizierte meine Beobachtung und fragte sie, ob sich seit unserem letzten Treffen Entscheidendes getan hätte. Irgendwelche Umstellungen in der Abteilung oder Veränderungen bei Menschen, die sie ebenfalls betrafen. Und ja, die Abteilung war erweitert worden und sie hatte etwas Stress. Sie fühlte sich gerade heute etwas müde – zu kurzer Urlaub, zu viel zu tun war die erste, rationale, plausible Erklärung.
Wir machten einige Themen durch, was ihr rational betrachtet wieder Sicherheit und ein klares Gefühl von Kontrolle verschaffte, aber die körperliche Unruhe legte sich nicht. Auf der rationalen Ebene war alles klar – aber auf einer emotionalen Ebene gab es noch etwas, das ihr offenbar zu schaffen machte. Und erst fast am Schluss unserer Sitzung kamen wir an den Kern der Sache: es war ein Meeting mit einer anderen, hierarchisch gleichgestellten Frau, das sie gerade heute verunsichert hatte. Scheinbar nichts Wichtiges, und daher bis hierher nicht ausgesprochen. Es war eine kleine Verhaltensweise dieser Kollegin, die sie zutiefst verunsichert hatte.
Erst, als wir dieser scheinbar nichtigen Sache (die sich durch die körperliche Unruhe ohnehin ständig versucht hatte, bemerkbar zu machen) ihren notwendigen Raum gegeben hatten, kehrte Ruhe ein und die alte Energie war ganz spürbar zurück.
Das ruhige Sitzen alleine – d.h. den Körper zu beruhigen – kann also nur eine temporäre Lösung sein, wenn uns innerlich etwas aufwühlt. Aber dieses Aufgewühlt-Sein kommt nie von rational kontrollierbaren Dingen, sondern von Gefühlen, die ihren Ursprung in Beziehungsthemen (und damit Selbstwert-Themen) haben. Die körperliche Unruhe ist also ein Symptom, das dich näher hinschauen lassen soll, was dich innerlich bewegt. Was dich verunsichert. Schon alleine das Identifizieren des Störfaktors, das Enttarnen dieses „Untergrundkämpfers“ in dir selbst, der dich sabotiert, der dich verunsichert und damit deinen Erfolg und ganz sicher deine Freude schmälert, reicht, um ihm seine zerstörerische Kraft zu nehmen.